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Kantor Günter Seidel – ein Leben zur Ehre Gottes


1. Juli 2023

Es ist allerhöchste Zeit, unserem „alten“ Kantor mal ein Loblied zu singen.

Er gehört zu der seltenen Sorte Mensch, die ein Leben lang an ihrer ersten Arbeitsstelle bleibt und unabhängig von Erfolgen/ Misserfolgen mit großer Treue ihren Dienst versieht, bis weit über das Rentenalter hinaus. Ihm ist der Beruf zur Berufung geworden. Bis heute findet er große Freude daran, über Musik oder andere gemeinschaftliche Aktionen, Menschen für den christlichen Glauben zu begeistern.

1939 in Glauchau geboren und mit mehreren Geschwistern aufgewachsen, lernt er als Kind Konzertzither und Trompete. Erst relativ spät, während seiner Ausbildung zum Kinder – und Jugenddiakon in Moritzburg, nimmt er Klavier- und während des anschließenden Studiums an der HS für Kirchenmusik Orgelunterricht. Er schließt das Studium als B-Kantor ab und beginnt 1963 seinen Dienst in der Annenkirche. Dabei findet er schwierige Bedingungen vor. Außer der Orgel und einem Harmonium gibt es keine Instrumente, ja nicht einmal Noten (sind im Februar 1945 alle verbrannt). 

Unter Leitung von Pfarrer Franz Werner übernimmt er den Christenlehreunterricht für die 5./6. Klasse, der damals in der Brauthalle stattfindet und die Leitung der Jungen Gemeinde, die sich im Turmzimmer trifft. Er leiht Instrumente aus, baut Kurrende, Bläsergruppe und Flötenkreis auf. Im Oktober 1963 gründet er den Kirchenchor. Er kauft einen Flügel und ruft eine Kammermusikreihe ins Leben, die wachsenden Zuspruch findet. Dabei musiziert er selbst, mit seinen Brüdern, mit Kollegen anderer Kirchen und zunehmend auch mit renommierten Musikern (z.B. KMD Hoch) und Ensembles (z.B. der Staatskapelle). In der Annenkirche findet das erste Konzert „Orgel und Trompete“ mit Ludwig Güttler statt, das 60 Besucher anzieht. Musiziert wird dabei aus handgeschriebenen Noten. Beim letzten dieser Konzerte viele Jahre später müssen 300 Leute wegen Überfüllung der Kirche nach Hause geschickt werden. Besonders gern erinnert er sich auch an die Aufführung des Harfenquintetts von E.T.A. Hoffmann sowie an die Konzerte mit Giora Feidman (Klarinette) und Ivan Rebroff. 

Er gestaltet zahllose Kirchgemeindeveranstaltungen und Kasualien (=kirchliche Amtshandlungen): Gottesdienste, Vespern zu Weihnachten, Taufen, Trauungen, Bestattungen … musikalisch. Nebenbei gibt er seit 1975 über 30 Jahre lang an der HS für Kirchenmusik Klavier- und Partiturunterricht. Auch pflegt er die Zusammenarbeit mit den Partnergemeinden in Kamp Lintfort, Haiger und Oeversee (Chorpartnerschaften).

Jedes Jahr am 1. Weihnachtsfeiertag organisiert er die Konzerte mit Ulrich Thiem (der übrigens am Pfingstsonntag, 28.05.23 um 11 Uhr in der Annenkirche eine Matinee „Musik und Tanz“ gestalten wird). 

Bei Siegfried Creuz in Nentmannsdorf gibt er viele sogenannte „Garagenkonzerte“.

30 Jahre lang gestaltet er den Schaukasten für die Annenkirche, malt künstlerisch durchaus anspruchsvolle Plakate.

Viele Jahre ist er Mitglied des Kirchenvorstandes, insbesondere des Bauausschusses. Er hat einen großen Anteil an der Sanierung der Annenkirche.

In den 90er Jahren ermöglicht er Orgelführungen für Schüler, die auf ein riesiges Interesse stoßen. Seitdem finden auch Schülerkonzerte in der Annenkirche statt.

2007 ruft er gemeinsam mit Herrn Luks die Konzertreihe „Musikbrücke Dresden-Prag“ ins Leben. Diese erstklassische Musik zieht regelmäßig viele Besucher an.

Seit vielen Jahren organisiert er außerdem Konzerte mit den „New York Gospel Stars“, der Batzdorfer Hofkapelle, dem Dresdner Kammerchor, den Dresdner Kapellsolisten, den Bergfinken und anderen. Die ca. 40 Konzerte, die er auch für 2023 wieder organisiert hat, tragen sehr zur Bereicherung des Kulturlebens in unserer Stadt bei. Die Einnahmen liefern einen wichtigen finanziellen Beitrag für unsere Kirchgemeinde. So konnten z.B. neue Sitzkissen für die Annenkirche gekauft werden. 

Über viele Jahre ist er im Präsidium der Europäischen Konferenz der Kirchenmusiker (EKEK) und reist dazu bis heute ins Ausland. Er schätzt den Erfahrungsaustausch und kommt immer wieder mit der Erkenntnis zurück, wie gut es uns in Deutschland doch geht.

Er arbeitet nacheinander mit 7 Pfarrern und seit seinem offiziellen Ausscheiden aus dem Dienst im Jahr 2004 mit 5 Nachfolgern zusammen. Es ist immer eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Günter Seidel ist eine Instanz in der Annenkirche, aber er kehrt das nie heraus. Er ist ein sehr dankbarer, bescheidener, absolut zuverlässiger, von starkem Gottvertrauen geleiteter Mensch. Der plötzliche Tod seiner lieben Frau, die langjährig Kantorin in Gittersee war, macht ihm das Leben im vorgerückten Alter nicht leicht. Umso bewundernswerter ist, dass er immer noch Orgeldienste übernimmt, den Flötenkreis weiterführt und die vielen Konzerte organisiert. 

Wir danken ihm herzlich für seine Treue und alle geleistete Arbeit in den vergangenen 60 Jahren !

Altar in der Matthäuskirche
Altar in der Matthäuskirche